16.10.2017

Hallo herbstliches Deutschland und deine Bewohner,

seit nun 40 Tagen befinde ich mich im Valle de Cauca und dessen Hauptstadt Cali. Hier ein schneller Einblick in meine Arbeit als Deutsch- und Englischlehrer in der Liceo de la Amistad (Schule der Freundschaft) im Stadtteil Terron Colorado.
Vertraglich festgelegt arbeiten wir 40 Stunden die Woche in der Schule, meist sind es jedoch etwas weniger Stunden, da wir statt um 7 meisterst um 9Uhr in der Schule eintreffen.
In der Schule haben wir dann Zeit unseren Unterricht vorzubereiten. Ich gebe Dienstag, Donnerstag und Freitag von jeweils 14-16Uhr Unterricht. Darunter fallen der Level 1&2 Kurs, sowie die quintos (5.Klasse). Müsste ich festlegen welcher Kurs schwerer zu unterrichten ist, wäre es definitiv der Kurs der 5. Klasse. Zwar habe ich diesen mittlerweile mehr oder weniger unter Kontrolle, jedoch auch nur aufgrund der Tatkräftigen Unterstützung von Cristian. Wer einmal in Kolumbien unterrichtet hat, der sieht die Beschwerden über zu unruhige und laute Klassen von Lehrern in Deutschland als einen schlechten Witz. Ehrlich gesagt war der Unterricht auch mit einer der größten Kulturschocks in Kolumbien.
Die Unterrichtsgestaltung wird komplett mir Überlassen, so einen Art Lehrplan gibt es für meine Kurse nicht, das ist Segen und Fluch zugleich, denn zum einen habe ich einen großen kreativen Spielraum, zum anderen fehlt mir aber oft der Leitfaden. Man bedenke ich komme gerade frisch aus der Schule, habe fast Jahrzehnte lang immer Aufgaben bekommen, nun gebe ich diese Aufgaben.
Ist nicht so ganz einfach!
Trotzdem merke ich selber wie ich jetzt schon an der Herausforderung wachse und nach und nach sicherer werde.
Im Unterricht bekomme ich grundsätzlich immer einen Intercambio gestellt, welcher die Aufgabe hat mich zu unterstützen und z.B. bei Sprachbarrieren aushilft.
Ein oft hilfreicher Pfeiler in der Brandung, wenn die Klasse droht in Chaos zu stürzen.
Ab und zu werden wir, das heißt Lea und Ich, auch im Englischunterricht eingesetzt. In jenem sind auch die unten angehängten Bilder entstanden. Trotz Ferien mussten die terceros (3.Klasse) zur Englischnachhilfe. Dementsprechend anstrengend waren diese auch, trotzdem war es ein schönes Gefühl als am Ende der 3 Tage, die Schüler einen umarmten und fragten ob wir am Montag wieder bei ihnen den Unterricht machen würden.
Im Allgemeinen stelle ich immer wieder die Wichtigkeit meiner Arbeit fest. Die Schule ist für die Kinder nicht nur eine Bildungseinrichtung, sondern vielmehr auch ein Zufluchtsort. Die Schule ist ein sicherer und geschützter Ort. Trotz der positiven Entwicklung Kolumbiens, herrscht immer noch sehr viel Gewalt auf den Straßen und auch in den Familien. Trauriges Beispiel ist hierbei ein Ereignis in einer Schule in Aquablanca (Stadtteil von Cali), dort arbeitet Clara (eine Mitfreiwillige). Letzte Woche kam ein Mädchen in ihre Klasse und war den ganzen Tag ziemlich abwesend mit dem Kopf auf dem Tisch, als dann der Schulpsychiater hereinkam um das Mädchen abzuholen, erfuhr Clara den Grund, die Mutter des Mädchens wurde in der Nacht ermordet. So extrem das klingt, in manchen Schulen von Cali kommt es zu solchen Ereignissen wöchentlich. Ich hoffe ihr versteht was ich damit sagen möchte, das Mädchen ging nach diesem grausamen Ereignis nicht zu Verwandten oder Freunden, sondern in die Schule.
Ich bin froh das ich sowas an meiner Schule, der CEP, noch nicht erlebt habe.
Doch nur weil man es nicht erlebt, bedeutet es nicht das es nicht stattfindet, auch Kinderprostitution ist allgegenwärtig.
Um nochmals auf den Punkt zu kommen, die Schule ist für die Kinder nicht nur eine Chance sich aus dem Teufelskreis herauszukämpfen vielmehr auch ein Ort der Sicherheit, der Freude und der Freunde.
Ich sehe trotz dieser Ereignisse weiterhin eine positive Entwicklung Kolumbiens.
Ich werde und will ein Teil dieser Entwicklung sein!
Als Lehrer mache ich das glaube ich ganz gut.

Macht es gut!
Ihr werdet bald wieder von mir hören!

Euer Felix

P.S. Eins muss noch gesagt werden, Lehrer sein ist verdammt hart, deshalb ein großes DANKESCHÖN an alle Lehrer die an ihre Schützlinge glauben.

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