Hallo herbstliches Deutschland und deine Bewohner,
seit nun 40 Tagen befinde ich mich im Valle de Cauca und dessen
Hauptstadt Cali. Hier ein schneller Einblick in meine Arbeit als
Deutsch- und Englischlehrer in der Liceo de la Amistad (Schule der
Freundschaft) im Stadtteil Terron Colorado.
Vertraglich festgelegt
arbeiten wir 40 Stunden die Woche in der Schule, meist sind es jedoch
etwas weniger Stunden, da wir statt um 7 meisterst um 9Uhr in der Schule
eintreffen.
In der Schule haben wir dann Zeit unseren Unterricht
vorzubereiten. Ich gebe Dienstag, Donnerstag und Freitag von jeweils
14-16Uhr Unterricht. Darunter fallen der Level 1&2 Kurs, sowie die
quintos (5.Klasse). Müsste ich festlegen welcher Kurs schwerer zu
unterrichten ist, wäre es definitiv der Kurs der 5. Klasse. Zwar habe
ich diesen mittlerweile mehr oder weniger unter Kontrolle, jedoch auch
nur aufgrund der Tatkräftigen Unterstützung von Cristian. Wer einmal in
Kolumbien unterrichtet hat, der sieht die Beschwerden über zu unruhige
und laute Klassen von Lehrern in Deutschland als einen schlechten Witz.
Ehrlich gesagt war der Unterricht auch mit einer der größten
Kulturschocks in Kolumbien.
Die Unterrichtsgestaltung wird komplett
mir Überlassen, so einen Art Lehrplan gibt es für meine Kurse nicht,
das ist Segen und Fluch zugleich, denn zum einen habe ich einen großen
kreativen Spielraum, zum anderen fehlt mir aber oft der Leitfaden. Man
bedenke ich komme gerade frisch aus der Schule, habe fast Jahrzehnte
lang immer Aufgaben bekommen, nun gebe ich diese Aufgaben.
Ist nicht so ganz einfach!
Trotzdem merke ich selber wie ich jetzt schon an der Herausforderung wachse und nach und nach sicherer werde.
Im Unterricht bekomme ich grundsätzlich immer einen Intercambio
gestellt, welcher die Aufgabe hat mich zu unterstützen und z.B. bei
Sprachbarrieren aushilft.
Ein oft hilfreicher Pfeiler in der Brandung, wenn die Klasse droht in Chaos zu stürzen.
Ab und zu werden wir, das heißt Lea und Ich, auch im Englischunterricht
eingesetzt. In jenem sind auch die unten angehängten Bilder entstanden.
Trotz Ferien mussten die terceros (3.Klasse) zur Englischnachhilfe.
Dementsprechend anstrengend waren diese auch, trotzdem war es ein
schönes Gefühl als am Ende der 3 Tage, die Schüler einen umarmten und
fragten ob wir am Montag wieder bei ihnen den Unterricht machen würden.
Im Allgemeinen stelle ich immer wieder die Wichtigkeit meiner Arbeit
fest. Die Schule ist für die Kinder nicht nur eine Bildungseinrichtung,
sondern vielmehr auch ein Zufluchtsort. Die Schule ist ein sicherer und
geschützter Ort. Trotz der positiven Entwicklung Kolumbiens, herrscht
immer noch sehr viel Gewalt auf den Straßen und auch in den Familien.
Trauriges Beispiel ist hierbei ein Ereignis in einer Schule in
Aquablanca (Stadtteil von Cali), dort arbeitet Clara (eine
Mitfreiwillige). Letzte Woche kam ein Mädchen in ihre Klasse und war den
ganzen Tag ziemlich abwesend mit dem Kopf auf dem Tisch, als dann der
Schulpsychiater hereinkam um das Mädchen abzuholen, erfuhr Clara den
Grund, die Mutter des Mädchens wurde in der Nacht ermordet. So extrem
das klingt, in manchen Schulen von Cali kommt es zu solchen Ereignissen
wöchentlich. Ich hoffe ihr versteht was ich damit sagen möchte, das
Mädchen ging nach diesem grausamen Ereignis nicht zu Verwandten oder
Freunden, sondern in die Schule.
Ich bin froh das ich sowas an meiner Schule, der CEP, noch nicht erlebt habe.
Doch nur weil man es nicht erlebt, bedeutet es nicht das es nicht stattfindet, auch Kinderprostitution ist allgegenwärtig.
Um nochmals auf den Punkt zu kommen, die Schule ist für die Kinder
nicht nur eine Chance sich aus dem Teufelskreis herauszukämpfen vielmehr
auch ein Ort der Sicherheit, der Freude und der Freunde.
Ich sehe trotz dieser Ereignisse weiterhin eine positive Entwicklung Kolumbiens.
Ich werde und will ein Teil dieser Entwicklung sein!
Als Lehrer mache ich das glaube ich ganz gut.
Macht es gut!
Ihr werdet bald wieder von mir hören!
Euer Felix
P.S. Eins muss noch gesagt werden, Lehrer sein ist verdammt hart, deshalb ein großes DANKESCHÖN an alle Lehrer die an ihre Schützlinge glauben.